Das AMIF-Projekt “Dialog(t)räume” der Diakonie Hamburg und der Diakonie Schleswig-Holstein hatte seinen Abschluss Ende Juni, nach drei erlebnisreichen Jahren. Die Evaluation des Projekts fasst die qualitativen Projektergebnisse noch einmal zusammen und schaut auf die Umsetzung der Ziele wie den Gelingensfaktoren und den Grenzen im Projekt. Es scheint, als wären drei Jahre nie genug und es bleibt wichtig, die Erfahrungen und Erkenntnisse in der weiteren Arbeit für den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu beachten.
Deswegen möchten wir hier gern noch einmal die herausfordernden Empfehlungen aus der Evaluation direkt vorstellen, als Einstieg in eine interessante Lektüre:
” 5.3 Empfehlungen
Der dialogische Zugang des Projektes hat nicht nur zum Gelingen von Begegnungen beigetragen, sondern auch Interesse geweckt. Das „Wie“ des Miteinanders zu thematisieren stieß auf Resonanz bei Multiplikator:innen, die manchmal schwierige Begegnungen in einer komplexen gesellschaftlichen Situation begleiten, oder auch erst einmal herstellen wollen.
Begegnungen dieser Art kann es gar nicht genug geben, sie leisten einen wichtigen Beitrag zum Gemeinsinn einer Gesellschaft. Die Einsatzmöglichkeiten dialogischer Formate immer mehr zu erweitern, auch und insbesondere dort, wo ein gemeinsames Gespräch aufgrund unterschiedlicher Meinungen fast schon unmöglich scheint, ist von hoher Wichtigkeit, auch im Sinne des Einübens demokratiefördernder Kompetenzen in der Gesellschaft.
Empfehlungen:
- So viele dialogische Begegnungsformate wie möglich.
- Mehr Dialoge, weniger Diskussionen.
- Erkundungen und Versuche von Dialogen auch dort, wo das zunächst nur schwer möglich scheint.
Der Rolle von Augenhöhe für einen Dialog muss Rechnung getragen werden. Sie wird nie herstellbar sein, aber es bleibt wichtig, sie anzustreben und Machtverhältnisse in Kommunikationsbeziehungen zu erkennen, zu thematisieren und Schritte zu unternehmen, sie abzubauen.
Empfehlungen:
- Machtverhältnisse sollten bewusstgemacht und angesprochen werden.
- Maßnahmen zum Ausgleich von ungleicher Macht sollten ergriffen werden.
Powersharing ist eine zentrale Strategie zum Ausgleich von Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten. Um diese Strategie mit Leben zu füllen, braucht es Methoden und konkrete Umsetzungsideen.
Personen, Gruppen und Institutionen, die über Räume, öffentliche Wahrnehmung, gewachsene Strukturen, Fachlichkeit und Geld verfügen, sollten Wege finden, diese an Aktive abzugeben, die über diese Ressourcen in geringerem Maße verfügen.
Empfehlungen:
- Einbeziehung von benachteiligten Menschen und Gruppen in alle Aktivitäten, die sie angehen, als Expert:innen.
- Öffentliche Würdigung der Leistungen von Ehrenamtlichen und noch wenig etablierten Gruppen. Bewusstes Vermeiden, die ohnehin schon etablierten Kooperationspartner:innen in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stellen.
- Weiterverteilung von Geldern an neue und kleine Akteur:innen im Sinne der der Finanzierung zugrundeliegenden Konzepte. Hier könnte es sinnvoll sein, auch innerhalb von AMIF-Projekten einen Fonds einzurichten, der von einem Fachgremium Gelder für kooperierende Akteur:innen bewilligt. Das hätte zwei Vorteile: 1. Empfänger:innen üben die Beantragung von Mitteln ein. 2. Der projektdurchführende Träger kommt noch deutlicher in die Rolle des Vermittlers zwischen Geldgeber und Kooperationspartner:innen statt selber als Geldgeber:in zu fungieren.
Antirassismus hat endlich Eingang gefunden in den gesellschaftlichen Diskurs. Im Zuge dessen ist offensichtlich geworden, eine wie große und belastende Rolle Rassismus für die davon betroffenen Menschen spielt. Es gilt nun, die Aufmerksamkeit für das Thema zu erhalten und mit konkreten Maßnahmen abzusichern, dass Betroffene Entlastung finden und gesamtgesellschaftlich die Sensibilisierung fortgesetzt wird.
Empfehlungen:
- Förderung von entlastenden Maßnahmen für von Rassismus betroffene Menschen, z.B. Safer Spaces, Empowerment Schwarzer Menschen, Critical Whiteness, unabhängige Beschwerdestellen, Dokumentation
- Sensibilisierung für Rassismus, z.B. durch Qualifizierung von Multiplikator:innen in spezifischen Bereichen, wie Bildungseinrichtungen, Therapie und Beratung, medizinische Versorgung etc.
- Antirassistische Bildung von Anfang an: in Kitas und Schule
Auszug aus der Evaluation des Projekts “Dialog(t)räume – Dialog und Begegnung interkulturell gestalten”, S.18, Hrsg. und Redaktion Diakonisches Werk Hamburg, Diakonisches Werk Schleswig-Holstein Juni 2022
Hier finden Sie die Evaluation als PDF: Final_Evaluation_Dialog(t)räume_v4_web
Und ein Rückblick besonders auf die schleswig-holsteinischen Aktivitäten finden Sie hier:
https://diversity-leben.de/dialogtraeume/
Das Projekt Dialog(t)räume wurde aus Mitteln des Asyl, Migrations-,Integrationfonds kofinanziert.