Unter dem Begriff “Buen vivir” versammeln sich verschiedene Philosophien aus Lateinamerika. Iván Murillo-Conde, Mitarbeiter im Projekt PORT plus, Kiel – Gemeinsam politisch und demokratisch beteiligen, gibt uns einen Einblick in ein Konzept, das die Vorstellungen von Fortschritt und Entwicklung in Frage stellt.
Bei Buen vivir geht es darum, soziale Ungerechtigkeit zu reduzieren, zivilgesellschaftliche Partizipation zu ermöglichen und ein Gleichgewicht zwischen Individuum, Kollektiv und Natur zu schaffen.
Individuum:
Jeder Mensch soll so versorgt werden, dass die Grundbedürfnisse befriedigt sind, z.B. saubere Luft, sauberes Wasser und Nahrung, Schlaf, Unterkunft, Kleidung oder Krankenversorgung. Eine Gesellschaft kann das erreichen, indem sie gerecht (um)verteilt, sodass jede*r Einzelne in Würde leben kann.
Kollektiv:
Bei Buen vivir steht der soziale Zusammenhalt der Gesellschaft im Fokus und nicht das Schaffen und Aufrechterhalten von Hierarchien.
“Buen Vivir wurde vor einigen Jahren politisch: In Bolivien wurde Evo Morales 2006 Präsident, in Ecuador 2007 Rafael Correa. Beide Staatschefs waren politisch links orientiert und wollten der indigenen Bevölkerung eine Stimme geben. Außerdem war ihr Ziel, sich von den großen Global Playern der neoliberalen Marktwirtschaft und den ehemaligen Kolonialmächten Europa und den USA zu emanzipieren. Indem sie dafür sorgten, dass Buen Vivir in der Verfassung verankert wurde, haben Bolivien wie Ecuador die Pluralität der eigenen Bevölkerung ernst genommen und diese auch politisch abgebildet. Man spricht hier von Plurinationalismus.” (utopia.de)
Natur:
Zentral im Buen vivir ist eine Rückbesinnung auf die Lebensphilosophie der indigenen Völker Lateinamerikas, die der Natur einen eigenen Wert gibt und die übermäßige Ausbeutung und Instrumentalisierung der Natur verurteilt. Die Natur wird im Buen vivir als Subjekt definiert, das in den Verfassungen Ecuadors und Boliviens eigene Rechte hat. Die Natur mit ihrer eigenen Dynamik soll nicht von den Menschen unterbrochen werden.
Bei Buen Vivir steht nicht der Mensch im Mittelpunkt sondern alles, was existiert, bildet eine Einheit. Es geht darum, dass wir das Wachstumsstreben bremsen und ein würdiges Leben für alle Menschen ermöglichen.
Fernando Huanacuni-Mamani hat 13 Grundsätze aufgeschrieben, mit denen das erreicht werden kann:
Wir finden: Über ein Konzept, dessen Grundwerte Gerechtigkeit, Gleichheit und Freiheit sowie Wissen, kulturelle Anerkennung und Ethik sind, sollten wir definitiv mehr reden und diskutieren!
Danke für die Anregung, Iván!